EU-Fragen: Karlsruhe klärt Informationsrechte des Bundestags

EU-Fragen: Karlsruhe klärt Informationsrechte des Bundestags

Das Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung, den Bundestag in EU-Angelegenheiten so früh wie möglich zu unterrichten – aber gilt das auch für verteidigungs- und sicherheitspolitische Fragen?

Die Fraktionen von Grünen und Linken wollen das vom Bundesverfassungsgericht klären lassen. Vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise hatten sie 2015 jeweils eine Klage gegen die Bundesregierung in Karlsruhe eingereicht. Heute verhandelt der Zweite Senat nun darüber.

EU-Operation «Sophia» im Fokus

Beide Klagen beziehen sich auf die inzwischen ausgelaufene EU-Operation «Sophia» gegen Schleuser im Mittelmeer. Grüne und Linke beanstanden, dass die Bundesregierung damals vor dem Beschluss im Rat der EU-Mitgliedstaaten am 18. Mai 2015 den Entwurf für ein Konzept nicht weitergegeben hatte. Der Linksfraktion geht es außerdem um einen EU/Türkei-Gipfel Ende November 2015. In diesem Zusammenhang sei ihr ein Schreiben des damaligen türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht zugänglich gemacht worden.

Der Militäreinsatz im Mittelmeer richtete sich gegen Schleuserbanden, die Migranten von der libyschen Küste aus auf den lebensgefährlichen Weg in Richtung Europa schickten. Die Bundeswehr war bis Mitte 2019 beteiligt und hatte mehr als 22.000 Menschen aus Seenot gerettet. Benannt war die Operation Eunavfor Med nach einem somalischen Mädchen, das im August 2015 an Bord eines deutschen Marineschiffs zur Welt kam: Sophia. Bei dem Gipfel mit der Türkei ging es darum, die Einreise syrischer Flüchtlinge nach Europa zu begrenzen.

Im Grundgesetz steht in Artikel 23, dass Bundestag und Bundesrat in Angelegenheiten der Europäischen Union mitwirken. Und weiter: «Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.»

Klage der Grünen war erfolgreich

Die Grünen-Fraktion hat dazu schon erfolgreich in Karlsruhe geklagt. Erst im Frühjahr 2021 pochten die Verfassungsrichterinnen und -richter darauf, dass die Bundesregierung den Bundestag vor wichtigen Weichenstellungen rechtzeitig mit ins Boot holt. Damals ging es um die Verhandlungslinie vor entscheidenden Treffen mit den Euro-Partnern auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise 2015. Damit war die Verantwortung des Bundestags für den Haushalt betroffen.

Diesmal wollen die Richter klären, ob Artikel 23 auch bei Fragen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Anwendung findet. Außerdem soll es um die Grenzen der Unterrichtungspflicht im Einzelfall gehen, wie sie im April mitgeteilt hatten. Das Urteil wird erfahrungsgemäß einige Monate später verkündet. (Az. 2 BvE 3/15 u.a.)

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