Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat die von der Regierung geplante Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen noch einmal deutlich gegen Kritik verteidigt.
Es sei eine falsche Behauptung, dass damit der Schutz von ungeborenem Leben künftig gefährdet sei, sagte Buschmann bei der Debatte zur ersten Lesung des Koalitionsentwurfs im Bundestag. Es gehe in erster Linie darum, betroffenen Frauen den Zugang zu Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zu erleichtern. «Im Internet erlauben wir jedem Verschwörungstheoretiker, jeder Fake-News-Schleuder, jeden Unsinn über Schwangerschaftsabbrüche zu verbreiten. Aber qualifizierten Ärztinnen und Ärzten als Hüter der Wissenschaft, der Fakten, der Sachlichkeit und der Aufklärung, denen verbieten wir, sachliche Informationen bereitzustellen», sagte Buschmann. Dieser Zustand sei «absurd».
219a soll aus Strafgesetzbuch verschwinden
Mit ihrem Entwurf plant die Koalition den umstrittenen Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Er regelt das Verbot, für Schwangerschaftsabbrüche zu werben. Er führt bislang dazu, dass Ärztinnen und Ärzte keine ausführlichen Informationen über solche Eingriffe öffentlich anbieten können, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen. Das soll sich ändern. Der Gesetzentwurf sieht ebenfalls vor, dass seit 1990 ergangene Urteile gegen Ärztinnen und Ärzte im Zusammenhang mit 219a aufgehoben werden.
Widerspruch gegen die Pläne kam erneut aus den Reihen von Union und AfD. Abgeordnete der beiden Fraktionen bemängelten, dass der Schutz des ungeborenen Lebens in der Argumentation zu kurz komme. Die Unionsfraktion reichte einen Antrag gegen die Abschaffung des Paragrafen ein.
Linke fordert auch Streichung von Paragraf 218
Aus der Linksfraktion gab es dagegen Jubel. Die Linken-Abgeordnete Heidi Reichinnek plädierte sogar dafür, auch den Paragrafen 218 zu streichen. Das würde bedeuten, dass Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich nicht mehr strafbar wären.
Buschmann betonte, ein solcher Schritt sei nicht vorgesehen. Außerdem versicherte er, dass mit dem Entwurf der Koalition garantiert sei, dass es auch künftig keine «abstoßende» Werbung für Abtreibung geben werde.
Grüne: Werbeverbot aus der Zeit gefallen
Aus Sicht von Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann ist das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche «aus der Zeit gefallen».
Heute berät der Bundestag in Berlin über entsprechende Pläne der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Haßelmann bezeichnete dies gegenüber der Deutschen Presse-Agentur als «frauen- und gesellschaftspolitisch überfälligen Schritt».
Die Koalition plant nach langen Debatten, den umstrittenen Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Er regelt das Verbot, für Schwangerschaftsabbrüche zu werben. Ärztinnen und Ärzte dürfen bislang keine ausführlichen Informationen über solche Eingriffe öffentlich anbieten, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen. Das soll sich ändern.
«Kernelement zur Selbstbestimmung»
«Wir ermöglichen damit dringend nötige sachliche und medizinische Informationen zum Schwangerschaftsabbruch für Frauen in Notlagen», sagte Haßelmann. Ein Abbruch sei nie eine einfache oder leichtfertige Entscheidung. «In solch einer Situation ist der Zugang zu guter Beratung und Information nicht nur ein Grundrecht, sondern ein Kernelement zur Selbstbestimmung über den eigenen Körper.» Frauen werde so auch geholfen, leichter eine geeignete Ärztin oder einen geeigneten Arzt für den Eingriff zu finden.
Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese betonte die Bedeutung des Vorhabens. «Behandelnde Ärztinnen und Ärzte sind die wichtigsten Ansprechpartner für betroffene Frauen und Familien. Eine drohende Strafbarkeit von Fachpersonal ist dabei der falsche Weg», sagte Wiese der dpa.
Der SPD-Abgeordnete wies darauf hin, dass auch künftig «irreführende oder abstoßende Werbung für alle Arten von Schwangerschaftsabbrüchen weiterhin verboten» sei. Die Koalition wolle dies über eine Änderung des Heilmittelwerbegesetzes erreichen, das irreführende Werbung für Medizinprodukte regelt. Künftig soll es auch Abbrüche erfassen, zu denen medizinisch nicht geraten wird.